Existenzgründungen in der Pflege bieten große Chancen – doch sie sind auch mit Herausforderungen verbunden: Welche Kosten müssen im Blick behalten werden? Wie kann die Zahlungsfähigkeit gesichert werden? Und welche finanziellen Stolpersteine gilt es zu umgehen?
Andreas Dehlzeit, Sprecher der Geschäftsführung der SozialFactoring GmbH, hat fünf Fragen beantwortet, die angehenden Pflegeunternehmer:innen Orientierung geben: Von der Besonderheit finanzieller Herausforderungen im Gründungsprozess, über die Vorteile von Factoring bis hin zu hilfreichen Tipps für einen sicheren Start. Erhalten Sie wertvolle Einblicke und praxisorientierte Lösungen!
Wie bewerten Sie allgemein das Thema Existenzgründung in der Pflege?
Existenzgründungen in der Pflege sind nicht nur ein Zeichen von Unternehmergeist, sondern ein essenzieller Beitrag zur Stärkung unseres Gesundheitssystems. Gerade in einer alternden Gesellschaft, die mit einem stetig wachsenden Pflegebedarf konfrontiert ist, sind solche Initiativen unverzichtbar. Natürlich bewegen sich Gründer:innen in einem komplexen und stark regulierten Umfeld – von rechtlichen Anforderungen über Personalmangel bis hin zum Aufbau tragfähiger Strukturen. Aber genau hier sehe ich auch große Chancen: Innovative Konzepte, wie spezialisierte Dienstleistungen oder der Einsatz digitaler Technologien, können echte Mehrwerte schaffen.
Welche wesentlichen Gründungskosten sollten angehende Pflegeunternehmer*innen von Anfang an einplanen?
Die Gründung eines ambulanten Pflegedienstes bringt erhebliche Anfangsinvestitionen mit sich. Es geht nicht nur um offensichtliche Punkte wie die Anmietung oder den Kauf von Räumen, Fahrzeuge und medizinische Ausstattung. Entscheidend ist auch die Planung für laufende Kosten: Gehälter, Versicherungen, Schulungen und Energiekosten – all das muss finanziell abgesichert sein. Mein Rat: Planen Sie mit realistischen Zahlen und lassen Sie sich von Expert*innen beraten – das ist eine Investition, die sich langfristig auszahlt.
Wie unterscheiden sich die finanziellen Herausforderungen neuer ambulanter Pflegedienste von denen bereits etablierter Unternehmen?
Neue Pflegedienste stehen vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits müssen sie von Beginn an laufende Kosten wie Gehälter und Mieten stemmen, andererseits verzögern sich die Einnahmen durch die langen Zahlungsziele der Kassen. Zudem fehlt es zu Beginn oft an einer stabilen Kundschaft, was bedeutet, dass viele Ausgaben getätigt werden müssen, ohne dass bereits regelmäßige Einkünfte vorhanden sind. Ohne finanzielle Polster kann das schnell zu Engpässen führen. Hier sind eine vorausschauende Planung und ein gesunder Finanzierungsmix essenziell.
Etablierte Unternehmen haben hingegen oft einen strategischen Vorteil: Sie verfügen über eingespielte Prozesse, stabile Rücklagen und gewachsene Beziehungen zu Kassen und Lieferanten. Diese Basis erleichtert es ihnen, Herausforderungen zu bewältigen. Der Unterschied liegt weniger in den Herausforderungen selbst, sondern darin, wie flexibel und vorbereitet man darauf reagieren kann.
Warum ist Factoring für neu gegründete ambulante Pflegedienste eine geeignete Finanzierungsoption und welche Vorteile haben Selbstabrechner?
Gerade in der Startphase kann eine Vorfinanzierung, auch Factoring genannt, finanzielle Sicherheit bieten. Sie ermöglicht es, sich von den Zahlungszielen der Kranken- und Pflegekassen unabhängig zu machen. Statt auf oft verzögerte Zahlungen zu warten, können Gründer:innen ihre Forderungen einfach online an den Factoring-Dienstleister verkaufen. Dieser erhält die entsprechenden Beiträge später direkt von den Kassen. Die sofort verfügbare Zahlungsfähigkeit sorgt dafür, dass wichtige Ausgaben wie Gehälter oder Mieten pünktlich gedeckt werden können, was besonders in der Anfangsphase entscheidend ist.
Für neu gegründete ambulante Pflegedienste ist Selbstabrechnung eine vorteilhafte Option, da sie keine zusätzlichen Gebühren für weitere, damit verbundene Zusatzleistungen zahlen müssen. Sie behalten die volle Kontrolle über ihre Abrechnung und haben direkten kommunikativen Zugang zu den Kranken- und Pflegekassen. Dies ermöglicht eine schnellere Klärung von Rückfragen und Reklamationen, wodurch Zahlungsverzögerungen vermieden werden können. Zeit ist ein ebenso wichtiger Faktor: Factoring entlastet beim Forderungsmanagement und ermöglicht es, sich voll und ganz auf das operative Geschäft und die Qualität der Pflege zu konzentrieren.
Welche Tipps würden Sie Existenzgründer*innen in der Pflege geben, um sich in der Gründungsphase abzusichern?
Eine solide Planung ist das A und O. Ich rate jedem Gründer und jeder Gründerin, einen detaillierten Businessplan zu erstellen, der nicht nur die finanzielle Seite, sondern auch organisatorische und operative Aspekte abdeckt. Nutzen Sie die Expertise von Fachleuten für Finanz-, Steuer- und Rechtsfragen – so vermeiden Sie Fehler, die später teuer werden könnten. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Liquiditätsplanung: Gerade in den ersten Monaten sind Einnahmen oft unregelmäßig, und es ist wichtig, nicht ins Straucheln zu geraten.
Eine wertvolle Orientierungshilfe dabei ist die von uns ins Leben gerufene Plattform „Mein Gründerportal Pflege“, die Gründer:innen mit umfassender Unterstützung zur Seite steht. Sie begleitet Gründer*innen mit einer umfassenden Checkliste durch den gesamten Prozess und bietet Zugang zu einer Wissensdatenbank, einer Dokumentenverwaltung sowie direkten Ansprechpartnern für Themen wie Steuern, Finanzierung und Personal. So wird sie zum zuverlässigen Begleiter auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
Andreas Dehlzeit, Sprecher der Geschäftsführung der SozialFactoring GmbH